Glück? – Gedankensplitter

Tanja räumte den Geschirrspüler aus.
Danach eine Rasse Kaffee.
In aller Ruhe.
Und ein Stück Kuchen.
Im Buch weiterlesen.
Und vielleicht schlafen.
Dösen.
Eine halbe Stunde.
Oder so…
Das war ihr Freitagnachmittag.
Der gehörte ihr.
Ihr allein!
Seit dem depressiven Schub.
Vor fast zwei Jahren.
Da hatte sie darauf bestanden.
Und ihr Arzt.
Er hatte sie unterstützt.
Clemens.
Ihr Mann.
Der sonst nicht viel sagte.
Hatte den Kopf geschüttelt.
Freiräume?
So ein Unfug.
Meine Eltern.
Gott hab sie selig.
Sie hatten ihre schönste Zeit.
Wenn sie beisammen waren.
So oft wie möglich.
Da war keine Rede von…
Freiräumen…

Er hatte nachgegeben.
Schließlich doch.
Aber vergeben.
Hatte er es ihr nie.
Wie so manches…
Tanja seufzte.
So war er halt.
Clemens.
Seit zwanzig Jahren.
Seit sie ihn kannte.
Er erdrückte sie.
Mit seiner Liebe.
Er hatte sie umworben.
Wie ein König.
Seine Königin.
Das hatte sie beeindruckt.
Aber…
Er duldete keinen Widerspruch.
Und über jeden Schritt von ihr.
Wollte er unterrichtet sein.
Vor ein paar Jahren.
Da wollte sie, Tanja, nach Kleinarl.
Zum Schifahren.
Mit ein paar Freundinnen.
Clemens.
Er hatte getobt.
Dann.
Brauchst du gar nicht mehr heimkommen.
Dann.
Ist kein Platz mehr für dich.
Hier.
Eine gute Frau.
Sie verreist nur mit ihrem Mann…

Tanja legte sich auf die Couch.
Rückte das Kissen zurecht.
Sie hatte es reingefressen.
Ein Magengeschwür.
War die Folge gewesen.
Und schwere Depressionen.
Damals.
War sie ein paar Wochen weg gewesen.
Alleine.
In einem Erholungsheim.
Die schönste Zeit für sie.
Seit vielen Jahren.
Und seither dachte sie an Scheidung.
Immer öfter.
Sie konnte nicht mehr.
Nein.
Sie wollte nicht mehr!
Tanja.
Sie legte das Buch hin.
Schloss die Augen.
Viele Frauen in der Kleinstadt.
Die beneideten sie.
Für ihren Mann.
Für ihr Glück.
Für ihr großes Glück…
Tanjas Mund.
Kräuselte sich verächtlich.
Die hatten alle keine Ahnung.
Nicht die Geringste!

Vivienne/Gedankensplitter

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